Lotte Seyerl: Urbane Räume
Wie zufällige Beobachtungen im unspektakuläreren Alltag stellt Lotte Seyerl ihre Protagonisten in den Fokus ihrer Bilder. Der Betrachter ist dezidiert außerhalb des Geschehens
positioniert - als Beobachter. Die Figuren bewegen sich in ganz konkreten Raumsituationen, in städtischer Architektur, in Innenräumen, in dörflichen Landschaften oder Vororten - und bewegen sich hier alleine und isoliert, selbst wenn sie Teil einer Gruppe sind. Seyerls Blick auf sie ist von Zurückhaltung geprägt, wie um deren Intimität nicht zu stören, aber es ist immer auch ein voyeuristischer Blick.
Mit Ölfarbe dünn lasierend sind die Szenen auf Leinwand
gemalt, ausgezeichnet mit einer markanten Unschärfe.
Hell-Dunkel-Kontraste und spezielle Lichtsituationen geben Hinweise auf Jahres- und Tageszeit. Zunehmend gewinnt die Farbe Schwarz in vielen Nuancen Raum: Dämmerungs-, Nacht- und Schattenszenen. Dazu hat Charlotte Seyerl ihre Technik „umgedreht“, wie sie sagt: Nun arbeitet sie das Licht aus dem Schatten und der Dunkelheit heraus und die Bilder sind von stärkeren Kontrasten geprägt. Die Heiterkeit und Leichtigkeit der lichten Tage scheint gebrochen und so fließt die verängstigte und bedrohliche gesellschaftliche Situation als Abbild der Stimmung in ihre Bilder ein.
Als Grundlage für ihre Bilder dienen Lotte Seyerl, die
an der Universität für angewandte Kunst lehrt, Photographien, die sie bei ihren ausgedehnten Reisen und Ausflügen macht. Riga, Lemberg, Paris... Vermehrt sind das nun auch Wiener
Schauplätze, da sucht sie die von der Modernisierung und Kommerzialisierung bedrohten letzten originalen Ecken - und hält sie mit ihren Bildern fest vor dem endgültigen
Verschwinden.
Verena Kienast
Birgit Sauer: Meer
Das Leuchten der Farben erkundet Birgit Sauer seit längerem mit unterschiedlichen Techniken - mit Hinterglasmalerei,
Photographie, Druck und Malerei oder Mischtechniken. Im
thematischen Zentrum stehen starke Frauenpersönlichkeiten, von denen man oft nur Teilaspekte sieht - die Beine, der Torso. Doch auch in dieser Teilansicht treten sie betont sinnlich auf. Manchmal kokett-verführerisch, manchmal selbstvergessen und manchmal ziemlich dreist. Da sind dann gerne nur die roten Schnürstiefel mit hohen Plateausohlen zu sehen, getragen von schlanken Frauenbeinen. Oder das solitäre Sofa vor einer hellen Wand mit leuchtend rotem, vielfach gefaltetem Samtüberwurf gemalt in klassischer Technik mit Öl auf Leinwand und mit einer enormen Plastizität und Tiefenwirkung. Die zusätzliche Bildinformation liefert ein wie beiläufig platzierter Ventilator, der den
Eindruck von Hitze und Kühlung vermittelt. Es sind der
Faltenwurf und die barocken Vorbilder mit ihren verblüffend
realitätsnah gemalten Stoffen und Gewändern, die Birgit Sauer immer wieder für ihren eigenen Arbeiten inspirieren. Es mag ein Sommertag am Meer gewesen sein. In die plastische Struktur der roten Decke vewebt Birgit Sauer Gestalten zu einer
durchaus rätselhaften Bildästhetik: Weibliche, wenig bis unbekleidete Personen, liegend, sitzend, lehnend, manchmal zu
zweit - optisch begrenzt durch die Form des Möbels, falls dem Wesen nicht schemenhaft die Flucht gelingt. Die einst hier
verweilenden Figuren hinterließen auf dem prächtigen roten Sofa ihre Spuren oder ein Abbild in der flüchtigen Zeit. Etwas bleibt zurück, auch wenn die Dinge sich längst verändert haben.
Erinnerungen an schöne Tage, poetischer Traum oder
Wunschvorstellungen.
Verena Kienast